Nachtdienst / Corona auf dem Flur
Noch zehn Stunden bis Dienstende. Die Intensivbetten sind mal wieder alle belegt. Vielleicht wäre die alte Dame doch besser in einem ruhigen Zimmer aufgehoben. Im Moment liegt sie recht munter im Bett. Aber mit jeder Blutdruck-Erhöhung könnte das Aneurysma platzen. Der Chirurg muss endlich eine Entscheidung fällen. Hier operieren oder in München?
Wer könnte noch verlegt werden?
Bei der Abendvisite waren klare Anweisungen gegeben worden. Aber jetzt: Corona-Verdacht. Gleich vier Patienten mit Atemnot innerhalb von einer Stunde. Einer musste sofort ans Beatmungsgerät - Jet-Streaming - Bauchlage. Die anderen atmen mit Sauerstoffmasken, müssen gegen Widerstand atmen - PEEP-Beatmen. Sie müssten es so schaffen. Gott sei Dank ist heute Nacht gute Pflege da. Die Betten 1 bis 4 sind jetzt isoliert.
Weiter - Verlegen.
Bett 5 - Herzinfarkt – Tag 2, eher noch nicht.
Bett 6 - Herzinfarkt – Tag 3 – Stent-Verschluss. Zum wiederholten Mal. Frau Kunter ist noch wach. „Können Sie nicht schlafen? Frau Kunter?“
„Nein, es ist sehr unruhig hier.“
„Schwester Heide bringt Ihnen noch etwas zum Schlafen. Es wird heute Nacht nicht ruhiger werden. Haben Sie noch Schmerzen?“
„Die Schmerzen sind seit der OP weg. Nur der Verband drückt noch.“
„Das muss er. Der verhindert das Nachbluten. Ich schaue nachher nochmal nach Ihnen.“
Bett 7 - Lungenembolie – hat noch schlechte Gase. Bleibt hier.
Bett 8 - Tiefe Beinvenenthrombose – könnte am ehesten verlegt werden.
Bett 9 - „Jetzt bleiben Sie doch liegen, Herr Maser.“ Alkohol-Delirium. „Heide, gebt ihm seinen Wein - dann verlegen. Ich schreibe gleich die Verlegung.“ Bett 9 wird frei.
Alarm bei Bett 10 – Tachykardie – Ist nicht gut für den frischen Infarkt – Betablocker. „Danke, Konrad. Du bist schneller als der Schall. - Er wird schon langsamer.“
Und blockiert – Herzstillstand – Reanimation. Scheiße – das braucht doch keiner. „Konrad, drückst du weiter? Ich intubiere. Lina, stellst du das Beatmungsgerät ein? Was macht Bett 1?“
„Wir haben eben die Bauchlage aufgehoben. Die Gase sind besser.“
„Dreht ihr weiter?“
„Klar doch. Alle zwei Stunden.“
„64 – 68 – 78 – 84 – Herr Lahr ist wieder bei uns. Lina, machst du die Sedierung für ihn fertig?“
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